Wenn der Naz regiert

Alle fünf Jahre hat in Telfs nur einer das Sagen: der Naz.
Kaum hat er am Dreikönigstag die Regentschaft über Telfs übernommen, verstummen sogar Bürgermeister und Gemeinderat. Das Schleicherlaufen bestimmt das Geschehen auch 2020. Und die Telfer sind in Hochstimmung.

Hans Sterzinger ist Gruppenführer der Schleicher. Für ihn sowie für alle Mitglieder der 14 Gruppen der Telfer Fasnacht
ist das Schleicherlaufen ein Teil des Lebens. Kulturgut, Stolz und Ausgelassenheit treffen hier aufeinander – und das seit
1571. Das Schleicherlaufen ist ein Fest der Freude: „In der Nacht vor der Fastnacht, da durfte man nochmal lustig
sein“, erklärt Sterzinger die Historie. Und so ist es auch heute noch: „Da spinnt Telfs“, lacht Sterzinger. Die Kirche war
einst von diesem Treiben so gar nicht begeistert und rief zum Gottesdienst. Aber die Telfer ließen sich nicht abhalten. Sie
feierten auf Teufel komm raus. Hans Sterzinger: „Trotzdem ist die Telfer Fasnacht mit dem Gedanken ans Jenseits und
an die Verstorbenen eng verbunden, etwa beim letzten Kreis der Schleicher an der Friedhofsmauer oder beim Totengedenken
vor dem Fasnachtsball.“

Am 6. Jänner graben sie ihren Naz aus. Er ist das Heiligtum der Laninger, die sich als freiheitsliebende „Underdogs“ im
Kampf gegen die Obrigkeit befinden. Abseits der Fasnacht ist der Naz eine Puppe in blauem Gewand und wird mutmaßlich
in einem Tresor verwahrt. Keiner – außer dem Anführer der Laninger – kennt seinen Aufenthaltsort. Würde es den Naz
nicht mehr geben, wäre es das bittere Ende des Schleicherlaufens und der vielen Events, die es zu dieser Zeit in Telfs
gibt. Das Spektakel lockt Tausende Besucher an. Jede Gruppe mietet Lokale an, um zu feiern. Die Telfer sind im Ausnahmezustand. Wer sich zu ihnen gesellt, wird staunen: Masken, Figuren, Kostüme aus Baumflechten, die danach mit Salz gegessen werden. Überhaupt geht es wild und mit viel Einsatzbereitschaft zu: Einer der Wilden, der ,Panznaffe‘, der in
einem großen Fass sitzt, opfert sogar seine Schneidezähne, um die Zunge möglichst weit rausstrecken zu können. „Die
Bären und Exoten“ vollbringen bei ihren Aufführungen akrobatische Höchstleistungen. Und die Schleicher, zu denen
auch Hans Sterzinger gehört, sorgen mit ihren kunstvoll gestalteten Hüten für Begeisterung.

SCHWERER ABSCHIED VOM NAZ
„Wenn die Fastnacht aufhört, hören auch die Gruppen auf zu existieren. Der Naz wird am Faschingsdienstag eingegraben“,
sagt Hans Sterzinger. Und dann stehen sie an seinem Grab, die gestandenen Telfer Männer, und vergießen
ihre Tränen. Fünf Jahre ist Pause – und dann holen sie den Naz wieder aus der Grube.

Schleicherlaufen Museum

Untermarktstraße 20, A-6410 Telfs
Tel. +43 (0) 5262 627 09 20
www.schleicherlaufen.at


Öffnungszeiten
Donnerstag + Samstag: 9.00 - 12.00 Uhr
Freitag: 17.00 - 20.00 Uhr